Die Nürnberger Gesetze

(gültig ab 1.10.1938 auch in Saaz)

Auf dem 7. Reichsparteitag der NSDAP am 10.-16. September 1935 in Nürnberg wurden zwei Gesetze beschlossen, die den Boden für die „legale“ Entfernung der Juden aus der deutschen Gesellschaft und letztlich für ihre Vertreibung und Vernichtung bereiteten. Der dazu extra nach Nürnberg einberufene Reichstag verabschiedete sie gehorsam.

Das erste Gesetz über die Reichsbürgerschaft unterschied zwischen „Reichsbürgern“, zu denen Deutschblütige und Menschen mit „verwandtem Blut“ gehörten, und Angehörigen „rassefremden Volkstums“, die nur „einfache Staatsbürger“ sein konnten. Volle politische Rechte hatten nur die Reichsbürger. Einfache Staatsbürger besaßen kein Wahlrecht, waren aber dem deutschen Staat „besonders verpflichtet“.

Das zweite Gesetz über den Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre verbot Ehen zwischen Juden und Deutschen und stellte entsprechende außereheliche Beziehungen als „Rassenschande“ unter Strafe.

Diese an sich schon ungeheuerliche und unbegründete Entrechtung und Diskriminierung der jüdischen Mitbürger erfuhr in der Folge 13 Durchführungsverordnungen, die den Juden nach und nach alle Bürgerrechte nahmen. Gleich in der erste Verordnung vom 14. November 1935 wurde festgelegt, wer „Jude“ oder „Judenmischling“ sei. Da es trotz aller Bemühungen der Rassenforschung kein Mittel gab, Rassenzugehörigkeit wissenschaftlich zu bestimmen, griff man inkonsequenterweise auf die Religionszugehörigkeit als Indiz zurück. Als Jude galt demnach, wer mosaischen Glaubens war oder mehrere Vorfahren dieses Glaubens hatte. Drei oder vier Großeltern reichten als Beleg aus. Zum Christentum Konvertierte galten gleichwohl als „Rassejuden“, wenn sie jüdische Vorfahren hatten.

NSDAP-Zeitung „Der Stürmer“, in der die Juden als wahre Feinde der Tschechoslowakei dargestellt werden, mit einer Graphik von Karel Rélink einem der wenigen Antisemiten in Tschechien.

Als „Judenmischling“ wurde bezeichnet, wer von ein oder zwei jüdischen Großeltern abstammte, sofern er sich nicht selbst zum jüdischen Glauben bekannte und keinen jüdischen Lebenspartner hatte. Waren diese Kriterien nicht erfüllt, galten auch Kinder und Enkel aus Mischehen als „Volljuden“.

Volljuden im Sinne der Nürnberger Gesetze (auch „Geltungsjuden“ genannt) wurden bis Ende 1935 aus dem Beamtentum entfernt. Dabei fand das bisherige „Frontkämpferprivileg“, das jüdische Kriegsteilnehmer verschont hatte, keine Anwendung mehr. Mit den nachfolgenden Verordnungen verloren die jüdischen Bürger bis 1943 nach und nach alle bürgerlichen Rechte: Ärzten wurde die Approbation entzogen, Apotheker und Anwälte verloren ihre Zulassung. Jüdische Wirtschaftsbetriebe wurden erfasst und gekennzeichnet, um ihre Enteignung („Arisierung“) vorzubereiten. Juden wurden vom Besuch staatlicher Schulen und von der öffentlichen Wohlfahrtspflege ausgeschlossen. Für jüdische Straftaten waren nicht mehr Gerichte zuständig, sondern die Gestapo. Jüdische Vereine und Organisationen wurden aufgelöst, in ihre Stelle trat die Zwangsmitgliedschaft in der „Reichsvereinigung der Juden“, die Auswanderung fördern sollte und später bei den Deportationen behilflich war. Im Falle der „Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts ins Ausland“ wurde jedoch jüdisches Vermögen eingezogen. Das galt auch im Todesfall.

Die „Nürnberger Gesetze“ hatten nicht nur einschneidende rechtliche und materielle Wirkungen auf das Leben der jüdischen Bevölkerung, sondern verfehlten mit ihrer scheibchenweisen Ausgrenzungspolitik auch ihre symbolische Wirkung auf die übrige Gesellschaft nicht. Sie legalisierten offensichtliches Unrecht und bereiteten die Bevölkerungsmehrheit auf die Verbrechen an Juden vor, die noch kommen sollten.

Quellen: http://de.wikisource.org/wiki/Reichsürgergesetz

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