Saaz wurde durch seine Lage an einer bedeutenden Kreuzung der Handelswege im frühen Mittelalter zur drittgrößten Stadt Böhmens. Dem Historiker František Palacký zufolge sind Juden in Böhmen bereits im 10. Jahrhundert als belegt. Das erste Saazer Ghetto soll sich unweit der Eger befunden haben. Im 14. Jahrhundert hieß ein Platz in Saaz „Judengarten“. Die erste direkte Erwähnung von Juden in Saaz stammt aus der gleichen Zeit: 1350 verlieh König Karl einem Peter, Sohn des Mathias von Eger und Richter in Saaz, unter anderen Privilegien die Gerichtsbarkeit über die Juden. Aus dem Jahr 1376 ist das Taufzeugnis eines Juden überliefert, und dass die Juden Samuel und Michel mit ihren Ehefrauen Schuldbriefe ausgaben. Im Saazer Kontraktenbuch erfahren wir von den Häusertransaktionen eines Juden David. Auch 1411 und 1418 sind Saazer Juden urkundlich. Etliche offizielle Schuldbriefe von 1498-1508 wurden von Juden erteilt, die den Beinamen „aus Saaz“ tragen
Detaillierte Berichte über Saazer Juden gibt es erst seit den dreißiger Jahren des 16. Jahrhunderts aus dem Gerichtsbuch der Alten Stadt Prag. Dort wurde über Berufungen gegen das Saazer Gericht beschieden. Bemerkenswert ist, dass das Prager Berufungsgericht auch Streitigkeiten unter Juden beilegen musste. Das Saazer Ghetto befand sich damals wahrscheinlich im Jüdischen Graben, dessen Ende in die heutige Jakobsgasse (Tyršova ulice) mündete. Aber obwohl die Juden eine geschlossene Gruppe bildeten, hatten sie dennoch in Saaz ihren Immobilienbesitz nicht in einem Viertel konzentriert.
Um zu verstehen, warum es im Zusammenleben zwischen Juden und Christen immer wieder zu Brüchen kam, die sich in fürchterlichen Gewalttaten zu Lasten der Schwächeren entluden, muss man etwas über die Rechtslage der Juden und ihre soziale Stellung als religiöse Minderheit wissen. Der Zunftzwang im Mittelalter, nach dem fast alle Handwerker in christlichen Zünften organisiert sein mußten, verhinderte die Entwicklung des Handwerks bei den Juden.
Die Juden gehörten rechtlich zum Eigentum des Königs („königliche Kammerknechte“). Der König gewährte ihnen Schutz und Privilegien, dafür erlegte er ihnen gehörig Steuern auf. Sie wurden reich, weil sie anders als Christen Zinsen auf Darlehen nehmen durften, also auf Geldgeschäfte praktisch ein Monopol hatten. Der König gewährte ihnen zeitweise sogar einen höheren Zinssatz, denn das erhöhte seine eigenen Einnahmen. Anderseits blieb ihnen, da sie von den Handwerkszünften ausgeschlossen waren, nicht viel mehr als der Handel. So investierten Juden ihren Reichtum in Handelsgeschäfte, mit denen sie den christlichen Kaufleuten Konkurrenz machten.
Das steigerte ihre Beliebtheit in den großen Städten nicht. Als religiöse Außenseiter wurden sie überdies für jedes Unglück verantwortlich gemacht, das die Christen traf. Im Verlauf der Kreuzzüge kam es auch in Böhmen zu blutigen Ausschreitungen gegen die vermeintlichen „Mörder Christi“. Trotzdem gab es in der Hussitenzeit Bemühungen, den Juden Gleichberechtigung zu gewähren. In dieser Zeit verdoppelte sich die Zahl der jüdischen Gemeinden. Der böhmische Landtag beschloss 1501, dass die Juden „für alle Zeiten“ geduldet werden sollten. Doch Anfang des 16. Jahrhunderts erhob sich in den Königsstädten zunehmend die Forderung nach Vertreibung der Juden – anfangs nur derjenigen, die sich nicht taufen lassen wollten.
1526 verlangt en auch die Saazer vom König, ihnen die Vertreibung der Juden zu gestatten, was ihnen indes verwehrt wurde. Sie wurden stattdessen ermahnt, sich nicht an den „königlichen Kammerknechten“ zu vergreifen. Nicht sehr erfolgreich, wie die Ermordung und Beraubung einiger Juden in den folgenden Jahren zeigt.
Am 13. November 1541 kam es dann zu einem furchtbaren Progrom. Die Quellen beschreiben detailliert, wie die Juden aus den Betten gerissen und in Hemden auf die Gasse getrieben wurden, wie sie erschlagen wurden, wie ihr Hab und Gut an die Plünderer verteilt oder vernichtet wurde. Als der König von diesem Blutbad erfuhr, ließ er die Saazer Ratsherren samt dem Bürgermeister nach Prag kommen. Dort wurden sie in die Daliborka, den Gefängnisturm der Burg, gesperrt, doch wenig später gegen Kaution freigelassen. Nur zwei Rädelsführer wurden dem Scharfrichter übergeben. Die Stadt erhielt eine horrende Strafe zugunsten er Königskasse und sollte dafür sorgen, dass die Geschädigten ihr Eigentum zurückerhielten. Doch am 15. Juni 1543 erließ König Ferdinand einen allgemeinen Gnadenbrief für die Stadt Saaz – und gestand ihr zu, fortan keine Juden mehr in der Stadt dulden zu müssen. Auch die jüdischen Schadenersatzansprüche verliefen im Sande, trotz mehrmaliger königlicher Intervention in dieser Sache
Damit beugte sich die böhmische Krone dem Willen ihrer großen Städte, auf deren Steuerkraft sie setzte, und verriet ihre Jüdischen „Kammerknechte“. 1584 ordnete Kaiser Rudolf II. zwar an, dass den Juden der Zugang zu den Märkten Saaz, Leitmeritz und Laun wieder zu gestatten sei. Doch in einem Edikt von 1637 verbot Kaiser Ferdinand III. den Juden sogar das Übernachten in Saaz. 1650 beschloss schließlich der böhmische Landtag, dass diejenigen Städte, in denen am 1. Januar 1618 kein Jude wohnte oder die das Privileg besaßen, Juden nicht in ihrer Stadt dulden zu müssen, für alle Zeiten „judenrein“ zu bleiben hatten. Dies betraf damals 30 Städte in Böhmen, unter ihnen Saaz. Damit endete die ältere Geschichte der Juden in Saaz bis auf weiteres. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts, also 200 Jahre später, wurde das Privileg der Judenfreiheit aufgehoben, und erste jüdische Familien siedelten sich wieder in Saaz an.
Die aus Saaz vertriebenen Juden zogen in die benachbarten Orte, wo sie neue Gemeinden gründeten: Libotschan (Libočany), Tscheraditz (Čeradice), Liebeschitz (Libešice), Horschenz (Hořenec), Michelob (Měcholupy) und Postelberg (Postoloprty). Im Ganzen gesehen war ihre Lage nicht schlecht, ihre Gemeinschaft blühte sogar in der Folgezeit auf. 1622 wurde der erste Jude in den Adelsstand erhoben: der Prager Hofbankier Jacob Bassevi, jetzt „von Treuenberg“. 1726 lebten 8.600 jüdische Familien in Böhmen und Mähren, 1753 waren es bereits 10.825. Unter Kaiser Joseph II. und seinem Sohn Leopold lockerten sich die lokalen und sozialen Beschränkungen des jüdischen Lebens. 1848/ 1860 erreichten die Juden schließlich volle Rechtsgleichkeit.